28. November 2023
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EU-Parlament will uns die elektronische Patientenakte aufzwingen

Eine Hiobsbotschaft! Während wir hier in Deutschland uns darüber streiten, ob die elektronische Patientenakte per opt-in oder opt-out abgelehnt werden kann, werden im EU-Parlament ganz andere Pläne geschmiedet, und die machen sprachlos: Auch dort diskutiert man über eine elektronische Patientenakte, die aber eu-weit, über die Ländergrenzen hinweg, funktionieren soll. Dort sind die zuständigen Ausschüsse mehrheitlich der Meinung, daß der Bürger gar nicht gefragt werden soll, ob er eine elektronische Patientenakte haben will, deren Inhalte an die »Wissenschaft«, sprich, die großen Pharmakonzerne, sowie vermutlich an alle Behörden, die uns ausspionieren wollen – beides natürlich nur zum Besten für uns – nein, er soll zwangsbeglückt werden. Die deutsche Diskussion ist damit praktisch hinfällig!

Dieser Plan bedeutet nicht weniger als das Ende des Arztgeheimnisses bzw. der Schweigepflicht – dem wohl ältesten Datenschutzgesetz der Welt (Eid des Hippokrates aus dem Altertum). Ich hatte das früher schon mal erwähnt: Meiner Meinung nach gehört das Wissen um seine Gesundheit, um seine eigenen körperlichen Defizite und Probleme zu den privatesten Daten, die man hat. Und die werden kaltschnäuzig der gierigen Industrie vorgeworfen. Das müssen diese tollen westlichen Werte sein, von denen die europäischen Politiker doch so gerne reden! Orwell läßt grüßen!

Der EU-Abgeordnete Patrick Breyer, den ich als letzten echten Piraten bezeichne und der in einem der beteiligten Ausschüsse sitzt, zeigt das Abstimmungsverhalten. Er schreibt, daß sowohl die Ausschußmitglieder der Ampelparteien als auch der CDU für diese Regelung gestimmt hätten. Was er nicht schreibt, aber klar ersichtlich ist, ist die Tatsache, daß die bei AfD-Mitglieder mit ihm dagegen gestimmt hat. Bei der CDU-Truppe ist übrigens der Herr Axel Voss dabei, dem man in der hitzigen Diskussion um die Urheberrechtsnovelle bzw. die damit verbundenen Upload-Filter falsches Spiel vorgeworfen und ihn als Marionette der Großindustrie betrachtet hatte.

Ich bin kein Experte in den Gesetzgebungsverfahren der EU, aber der gemeinsame Beschluß der Ausschüsse bilden wohl die Verhandlungsbasis in dem weiteren Gesetzgebungsverfahren zusammen mit EU-Kommission und EU-Rat. Es muß nicht dabei bleiben, aber es gibt die Richtung vor.

Auch wenn ich vom Heise-Verlag mittlerweile nicht mehr viel halte, muß ich ihm doch in dieser Angelegenheit für die detaillierte Berichterstattung danken.