Frage des Tages
Tatsächlich treibt mich die Frage schon länger um, nicht nur heute. Unter der Annahme, wir hätten noch einen Rechtsstaat, müßten nicht eigentlich die Leute der »letzten Generation«, die die Straßenklebeaktionen organisieren, also die Leute anwerben, sie trainieren, die Orte und Termine auswählen, die Leute einteilen und so weiter, wegen dutzendfacher oder gar hundertfacher Beihilfe und Anstiftung zu Straftaten verfolgt werden, oder gar Bandenkriminalität?
Es ist ja unstrittig, daß das vorsätzliche Behindern des Verkehrs durch Besetzung der Straße, eventuell noch mit Ankleben, eine Nötigung ist. Und diese ist wiederum ein Straftatbestand, § 240 StGB:
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Die tun das auf Anweisung und Einweisung von den Organisatoren. Das ist einerseits Beihilfe nach § 27 StGB,
(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.
und auch Anstiftung, § 26 StGB:
Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.
(siehe auch Wikipedia dazu)
Auch in Betracht käme meiner Meinung nach eine Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB:
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.
Allerdings gibt es im Absatz 3 eine Ausnahme:
(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, […] 2. wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist […]
Nun, ich sehe die Nötigung der Autofahrer schon als primäres Ziel und nicht von untergeordneter Bedeutung. Aber das wäre ja dann letztens die Aufgabe des Gerichts, das zu prüfen. Auch hier gibt es einen Wikipedia-Artikel, der noch auf die Details eingeht.
Nur: Ich habe bislang kein einziges Wort in den Medien gehört, daß die Organisatoren in irgendeiner Form strafrechtlich angegangen werden. Ihr etwa?
Vermutlich ist einfach meine erste Annahme falsch: Daß wir noch in einem Rechtsstaat leben.