Ich war die Tage auf einer AfD-Veranstaltung, auf einem »Bürgerdialog«.
Nicht, weil ich wirklich Fragen an die AfD hatte, die ich unbedingt
beantwortet haben wollte. Nein, ich wollte auch ein Zeichen setzen, ein
gegenteiliges zum linken Mainstream.
Die Veranstaltung fand in einer städtischen Halle statt, und das war auch
das Problem der Stadt – sie konnte aufgrund der Neutralitätspflicht die
Veranstaltung nicht verhindern. Dennoch wurde versucht, Einfluß zu nehmen –
vor dem Gebäude hißte man Regenbogenflaggen – das ideologische Äquivalent
zu den Hakenkreuzflaggen der Nazis, innen hatte man zwei Ausstellungen zu
den Themen »Zeichen gegen Menschenfeindlichkeit« und »Flucht und
Diskriminierung« aufgebaut. Mir selber sind gerade noch die Fahnen
aufgefallen, aber von den Ausstellungen habe ich nichts mitbekommen, und
ich wage zu behaupten, den anderen Teilnehmern auch nicht. Ich halte zudem
auch für infantil zu glauben, irgend jemanden damit zu beeindrucken. Da ich
aufgrund meines Parkplatzes von der Seite kam, mußte ich gar nicht durch
die Demonstranten durch. Bis zum Eingang verschmolzen die Reden der Bühne
zu einem abgehackten, unverständlichen Lärm, und ich glaube auch nicht,
irgend etwas neues verpaßt zu haben. Es gab noch eine Einlaßkontrolle, alle
Gäste wurden von der Security abgetastet.
Eingeladen hatte eine kleine Gruppe AfD-Bundestagsabgeordneter, wobei
einer bekannter war und die anderen weniger. Ersterer hatte auch die
Leitung der Veranstaltung. Den Gästen wurden ein paar kleine Häppchen
angeboten (ja, haben geschmeckt) sowie freie Getränke. Der Raum hatte rund
140 Sitzplätze, die meisten waren auch besetzt. Besucher waren eher älteren
Kalibers und vorwiegend männlich. Im Publikum saßen auch ein paar jüngere
Teilnehmer, hinter den Sitzreihen bauten sich ebenfalls eine Gruppe
jüngerer Menschen auf. Auf beide komme ich noch zu sprechen.
Zwei Kamerateams waren auch anwesend und haben einige Teilnehmer
interviewt. Das Team vom WDR machte sich dann aber zu Beginn der
Veranstaltung wieder vom Acker, während das Team von RTL/n-tv bis zum Ende
blieb und wohl auch die Veranstaltung selbst aufzeichnete. Ich weiß nicht,
ob die irgendeinen Skandal sich erhofft hatten.
Der leitende AfD-Abgeordnete eröffnete die Veranstaltung und erklärte,
daß jeder Abgeordnete eine Rede halten werde, danach könnten die Teilnehmer
Fragen stellen. Die hinten stehenden Jugendlichen entpuppten sich dabei als
linke Grölgruppe, auch ein paar der im Publikum verteilten AfD-Gegner
machten sich bemerkbar. Das Spielchen ist aber den Abgeordneten wohlbekannt
gewesen, darum gab es gleich eine Ansage: Gegner seien durchaus willkommen,
aber wer die Veranstaltung stört, der fliegt. Tatsächlich sind auch
mindestens zwei von der Security heraus gebracht worden (ob von der
Grölgruppe auch jemand gehen mußte, habe ich nicht gesehen). Die Grölgruppe
machte von sich hören, wenn gewisse Stichworte fielen. Außerdem wollten sie
den Applaus der Teilnehmer übertönen, was aber dann nur noch zu lauterem
Applaus führte, teilweise sind die Leute auch aufgestanden.
Die Beiträge der Abgeordneten waren so lala, sie haben aus ihren
Bereichen gesprochen, über die Problematiken der Wärmepumpen und deren
Stromversorgung, über Nordstream 2 und den Unwillen der Bundesregierung,
die Verantwortlichen zu identifizieren, und natürlich über das Thema
Migration.
In der Fragerunde entpuppten sich die paar verstreuten jungen Teilnehmer
in der Besuchermenge als untereinander bekannte Gutmenschen, die im Glauben
waren, die Abgeordneten mit ihren Fragen vorführen zu können. Intellektuell
waren sie aber schon damit gescheitert, ihre Fragen verständlich und vor
allem kurz zu formulieren. Daß die Abgeordneten dann auch nicht noch über
die Stöckchen sprangen, war natürlich auch von vorneherein klar.
Ein Pärchen saß neben mir, und mir fiel das schon auf, daß die überhaupt
nicht mitklatschten, nicht einmal zur Begrüßung der jeweiligen
Abgeordneten, wie es eigentlich üblich ist. Mit dem Mann hatte ich auch
einen kurzen Austausch. Er meinte tatsächlich, daß man das (angebliche)
Fachkräfteproblem damit lösen könne, indem man die alle arbeiten lassen
würde. Ich erwiderte nur, daß die nicht geeignet sind, ungebildet und 40%
Analphabeten (war zwar aus dem Bauch heraus, aber stimmt sogar fast).
Eine Frau fragte dann zu dem Begriff Leitkultur aus dem Grundsatzprogramm
der AfD. Der Abgeordnete blieb schwammig, sie war mit der Antwort nicht
zufrieden und wollte eine genaue Definition. Darauf rief ich zu ihr, zum
Beispiel, daß Frauen nicht vergewaltigt werden. Da kam dann von meinem
Nachbarn der Einwand, daß ja Deutsche auch vergewaltigen würden. Ja, meinte
ich, aber nicht in dem Verhältnis. Er solle doch mal die BKA-Statistik
anschauen. Also mit Fakten gesegnet sind die auf jeden Fall nicht.
Nach zehn Fragen war dann aber auch schon Schluß. Die Veranstaltung wurde
beendet.
Draußen wurden wir von einer Restgruppe der Demonstranten empfangen, von
der Polizei immer noch auf Abstand gehalten. »Nazis raus« grölten sie
voller Haß. Was wieder die Frage aufwarf, wohin denn diese Idioten die
»Nazis« denn gerne verbringen wollen, ob der Spruch »kein Mensch ist
illegal« für die sogenannten Nazis plötzlich nicht gilt und ob die
Massen-Ausweisung von Leuten mit deutschem Paß dann plötzlich doch kein
Problem ist!
Auf dem Weg zum Auto habe ich mich doch ein paarmal umgedreht, um
sicherzugehen, daß mir kein Antifa-Schlägertrupp folgt.
Die Medien haben irgendwie nicht damit gerechnet, daß die AfD sogar
dankbar für die Verwendung des Wortes «Remigration« ist und es jetzt extra
nutzt. Da muß man gegensteuern!
Ich habe jetzt schon mehrfach unter Artikeln rund um die AfD, die Demos
und dergleichen folgenden »Erklärsatz« gelesen, der an den blöden,
mittlerweile vorgeschriebenen Satz »zu Risiken und Nebenwirkungen fragen
Sie Ihren Arzt oder Apotheker« erinnert:
Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der
Regel, daß eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land
verlassen soll – auch unter Zwang.
Den Nachweis bleiben sie natürlich schuldig. Framing in Reinstform!
Nebenbei bemerkt ist eine Abschiebung, wie sie heute vom Staat
durchgeführt wird (wenn auch viel zu selten) und als solche auch bezeichnet
wird, genau das, was da oben steht. Das eine böse, das andere o.k.? Wie
krank sind eigentlich diese Leute? Und für wie blöd halten sie eigentlich
ihre Konsumenten?
Ich muß mal beobachten, ob das jetzt nur durch die übliche Kopiererei von
DPA-Artikeln passiert oder ob es Anzeichen dafür gibt, daß sich die Medien
abgesprochen haben.
Zudem ich kann das übrigens auch: Wenn die »Altparteien« den Begriff
Demokratie verwenden, meinen sie in der Regel den Sozialismus.